Umfrage "Vitale Innenstädte"

Innenstädte am Hellweg und im Sauerland vor großen Herausforderungen

Was sind die Erfolgsfaktoren für zeitgemäße attraktive Innenstädte vor dem Hintergrund von Urbanisierung, Digitalisierung und Strukturwandel? Dieser Frage ist das IFH KÖLN 2022 bereits zum fünften Mal mit einer groß angelegten Passantenbefragung in deutschen Innenstädten nachgegangen. Mit der Studie „Vitale Innenstädte 2022“ erhalten die teilnehmenden Städte Informationen zur Bewertung ihrer Stadt aus Sicht der Besuchenden und damit eine Planungsgrundlage für standortspezifische Maßnahmen. Für die Untersuchung wurden in 111 teilnehmenden deutschen Städten aller Größen und Regionen zeitgleich Innenstadtbesucher und -besucherinnen zu ihren Einkaufsgewohnheiten und der Attraktivität der Innenstadt befragt. Die Datenerhebung erfolgte zwischen Mitte September und Mitte November 2022 anhand eines einheitlichen Fragebogens. Insgesamt sind so rund 69.000 persönliche Interviews geführt worden. Die IHK Arnsberg war diesmal zusammen mit Arnsberg-Neheim, Meschede, Brilon, Soest, Bad Sassendorf und Lippstadt dabei.

Neheim

Partner bei der Befragung in Arnsberg-Neheim die Werbegemeinschaft „Aktives Neheim“ und der Wirtschaftsförderung Arnsberg. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen: Die Neheimer City erhielt mit der Note 2,2 eine positive Bewertung von den befragten Besuchern. Diese kommen hauptsächlich für den Einkauf in die City (72,2 %). Und mehr als die Hälfte der Besucher (fast 60%) attestieren Neheim eine Steigerung der Attraktivität.

Meschede 

In Meschede waren Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung unserer Partner bei der Befragung. Die Stadt konnte ihr Ergebnis aus dem Jahr 2020 halten und wurde von den Besuchern erneut mit der Note 2,8 bewertet. Mehr als zwei Drittel der Befragten (70%) erkennen sogar eine Verbesserung der Attraktivität der City in den vergangenen Jahren. Gut 78 Prozent sehen allerdings noch Verbesserungsbedarf beim Ausbau des Lebensmittelangebots in der Innenstadt.

Brilon

Mit der Note 2,3 fährt Brilon bei der Erhebung „Vitale Innenstädte“ ein positives Ergebnis ein. Auch der Einzelhandelsbesatz gefällt den befragten Besuchern der City: Sie vergeben dafür die Note 2,1. Noch besser bewertet werden das Gastronomieangebot (Note 1,6) und die Veranstaltungen (Note 1,7). Beim Aspekt Erlebniswert (Note 2,7) und bei Freizeit- und Kulturangeboten (Note 2,8) gibt es allerdings noch etwas Luft nach oben. Erhoben wurden die Ergebnisse  zusammen mit der Brilon Wirtschaft und Tourismus.

Soest

In Soest wurde die Befragung gemeinsam mit der Wirtschaft und Marketing Soest GmbH durchgeführt. Die Attraktivität der City wird von den befragten Besuchern mit der Note 2,6 bewertet. Mehr als die Hälfte (57 %) kommt für den Einkauf in die Innenstadt. Das Einzelhandelsangebot erhält von den Befragten die Note 2,9. Besser fällt das Urteil für das Veranstaltungsangebot (Note 2,1) und die Gastronomie aus (Note 2,2). Gut die Hälfte der Befragten gibt an, dass sich die Attraktivität der Innenstadt in den vergangenen Jahren verbessert hat.

Bad Sassendorf

Das Zentrum ist bei der Umfrage „Vitale Innenstädte“ von den befragten Besuchern in Sachen Attraktivität mit der Note 2,7 bewertet worden. Über 70 Prozent der Befragten gaben an, dass für sie das Einkaufen der Hauptgrund für einen Besuch der Innenstadt ist. Beim Kunst- und Kulturangebot wie Theater, Ausstellungen und Konzerte sehen 57 Prozent der Befragten noch Ausbaupotenzial. Besonders positiv bewertet wurde hingegen das Gastronomieangebot des Kurortes (Note 2,2). Die Umfrage erfolgte zusammen mit der Wirtschaftsförderung sowie dem Tourismus- und Gewerbeverein.

Lippstadt

Unser Partner vor Ort war die Wirtschaftsförderung Lippstadt GmbH. Die Attraktivität der City wird von den Befragten mit der Note 2,9 bewertet. Auch die Benotung des Einzelhandelsangebotes fällt „befriedigend“ aus: Das Bekleidungssortiment erhält die Note 2,9 und das Schuhangebot eine 3,0. Viele Besucher, das hat die Umfrage ergeben, wünschen sich verlässliche Kernöffnungszeiten der Geschäfte. Das Angebot an Veranstaltungen (Note 2,0) und der Gastronomie (Note 2,2) kommt bei den Besuchern hingegen besonders gut an.

Die ausführlichen Ergebnispräsentationen und zugehörigen Pressemitteilungen finden Sie nebenstehend als Download unter „Ergebnispräsentationen“ und „Pressemitteilungen“.


PKW-Kunden sind für den Einzelhandel essenziell

Trotz aller Bemühungen für mehr Rad- und Busverkehr bleibt der PKW das wichtigste Verkehrsmittel für den Besuch der Innenstädte. Eine Sonderbefragung der IHK Arnsberg im Rahmen der Untersuchung „Vitale Innenstädte“ zeigt, dass Autofahrer für Frequenz und Umsatzerfolg in den heimischen Mittelstädten unverzichtbar sind.

Fast 1.500 Passanten sind im vergangenen Herbst in 6 Städten der Region nach Besuchsmotiven, Verkehrsmittelwahl und Ausgabeverhalten befragt worden. Mit rund 80 Prozent dominierten ökonomische Besuchszwecke, also das Einkaufen oder das Essen und Trinken. Mehr als die Hälfte der Innenstadtbesucher (53 %) reiste mit dem PKW an, mit deutlichem Abstand gefolgt von Fußgängern (22 %), Radfahrern (14 %) und den Kunden von Bus und Bahn (11 %). Wenig überraschend ist die Dominanz des PKW bei der meist spürbar längeren Anreise auswärtiger Kunden mit rund 73 Prozent noch deutlich ausgeprägter. An zweiter Stelle liegt hier der ÖPNV (14 %), während Rad- und Fußverkehr zu vernachlässigen sind.

Die PKW-Kunden stellen aber nicht nur rein zahlenmäßig die wichtigste Besuchergruppe, sie lassen auch deutlich mehr Geld in Läden, in Cafés und Restaurants und bei Dienstleistern. Das belegt die erstmals gestellte Frage nach dem voraussichtlichen Ausgabevolumen der Passanten (s. Tabelle). Fußgänger geben tendenziell eher kleinere Beträge bis 20 Euro aus (45 %), während die Gäste von Bus und Bahn (75 %) ein Budget bis 50 Euro einplanen. Auto- und Radfahrer planen größtenteils ebenfalls mit bis zu 50 Euro je Besuch, allerdings sind bei beiden auch signifikante Anteile mit höheren Ausgabebeträgen ermittelt worden. Jenseits der 100 Euro-Grenze allerdings trennen sich die Wege von Rad- und Autokunden. Gut 16 Prozent der Autofahrer planten größere Ausgaben teils auch oberhalb von 200 Euro, während gerade einmal 5 Prozent der Radfahrer zwischen 100 und 200 Euro im
Portemonnaie dabei hatten.

„Attraktive Innenstädte leben von hoher Frequenz und einem prosperierenden Gewerbe“, resümiert IHKGeschäftsbereichsleiter
Thomas Frye. Wolle man diese Attraktivität erhalten, bleibe es unverzichtbar, der nach Anzahl und Ausgabeverhalten wichtigsten Besuchergruppe einer Innenstadt gute Rahmenbedingungen bei Erreichbarkeit und Parkraum zu erhalten.

Wieviel werden Sie voraussichtlich heute bei Ihrem Innenstadtbesuch ausgeben? (Werte gerundet)


ÖPNVPKW/MotorradFahrradzu Fuß
bis 20 €25 %23 %34 %45 %
20-50 €50 %
34 %36 %33 %
50-100 €22 %28 %23 %16 %
mehr als 100 €3 %16 %5 %4 %


Der Spagat zwischen Aufenthaltsqualität und Erreichbarkeit

(Kommentar: Thomas Frye)

Was macht eine lebendige Innenstadt aus? Darüber gibt seit Jahren die mit IHK-Beteiligung durchgeführte Untersuchung „Vitale Innenstädte“ Auskunft: Einzelhandels-Angebote, Gastronomie, Kulturleben, Stadtgestaltung, Aufenthaltsqualität und Erreichbarkeit sind diewichtigsten Kriterien, die Menschen in eine City ziehen – oder eben auch nicht.

Sind diese Bedingungen in guter Qualität gegeben, stimmt auch die Bewertung durch die Kunden. Niemand käme auf die Idee, einzelne Aspekte herauszunehmen und zu verschlechtern. Schließlich soll die Attraktivität der jeweiligen Stadt mindestens gesichert, besser noch gesteigert werden. Hinzu kommt, dass sich die verschiedenen Anziehungspunkte gegenseitig beeinflussen. Doch während sich Handel, Gastronomie und Kultur tendenziell eher verstärken, stehen Aufenthaltsqualität und Erreichbarkeit
zunehmend im Gegensatz zueinander. Wer sitzt schon entspannt vor einem Café, wenn sich nebenan der Park-Such-Verkehr staut? Wer fährt aus dem Umland in ein Stadtzentrum, wenn er zum wiederholten Mal keinen Parkplatz findet?

„Dann sollen Kunden eben mit Rad oder Bus fahren und die Autofahrer ihr Gefährt am Stadtrand parken.“ Wer als Kommunalpolitiker diese Antwort gibt, lässt jedoch die zahlenmäßige Bedeutung der PKWKunden und den Wettbewerb um diese Gruppe außer Acht. Will man attraktive und gut frequentierte Innenstädte, darf der Weg in die Innenstadt nicht verleidet werden. Anderenfalls droht eine Abstimmung mit dem Gaspedal. Das gilt erst recht für die Mittelstädte unserer Region, die meist ein Einzugsgebiet weit in die benachbarten ländlichen Gemeinden aufweisen.

Trotzdem soll dies kein Plädoyer für die autogerechte Innenstadt sein. Schließlich kommt es wie so oft auf das richtige Verhältnis von Aufenthaltsqualität und verkehrlicher Erreichbarkeit an. Hier im Einzelfall das richtige Maß in diesem Spagat zu finden, ist eine große Herausforderung. Das zeigt schon das Ergebnis einer an alle IHK-Mitglieder gerichteten Verkehrsumfrage aus dem vergangenen Jahr. Auf die Frage, ob denn die Aufenthaltsqualität der Innenstadt grundsätzlich Vorrang vor der Erreichbarkeit durch
den PKW haben sollte, reagierten jeweils gleichgewichtig 1/3 der antwortenden Unternehmen mit Zustimmung und mit Ablehnung. Ein weiteres Drittel der Unternehmen wollte sich nicht festlegen.

Erfolgversprechend ist es deshalb, behutsam vorzugehen: Einerseits gilt es die Bedingungen für den Rad- und Fußgängerverkehr zu verbessern und dabei im Einzelfall auch auf Parkflächen zu verzichten, um dort Aufenthalts-, Fahrradabstellflächen oder Radwege einzurichten. Wenn dann andererseits gleichzeitig die Auffindbarkeit der zentralen Parkflächen verbessert und den Autokunden das Gefühl vermittelt wird, dass sie weiterhin in der Innenstadt willkommen sind, kann die City insgesamt attraktiv gehalten werden. Setzt sich auf diese Weise der zu beobachtende Trend zu mehr Radverkehr in den Innenstädten durch, wäre allen gedient. Klar ist: Eine Bevormundung des Kunden hat bisher selten funktioniert.